Athletiktraining im Triathlon (Trinews Magazin Ausgabe #11)

Swim – Bike – Run. All jene, die in diesem Moment diese Triade lesen, empfinden sofort Leidenschaft für diesen schönen und gleichzeitig so herausfordernden Sport. Neben diesen drei anspruchsvollen Disziplinen lernen Athletinnen und Athleten mit der Wechselzone und dem äußerst sensiblen Feld der Ernährung umzugehen. Die Zielsetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein: der 1. Sprint Triathlon, die Herabsetzung der ‚personal best’ auf der Olympischen Distanz oder die Hawaii’ Qualifikation über die Langdistanz... eines vereint jedoch alle Triathlon Enthusiasten: sie wollen gesund und verletzungsfrei über die Saison kommen, ihre Leistung steigern und alles aus sich herausholen.
Das führt uns zu einer, manchmal recht sagenumwobenen, weiteren Disziplin: dem Athletiktraining. Aus den genannten Gründen wird, weil es ‚halt irgendwie dazugehört’ ein wenig des berühmten ‚Stabi Trainings’ eingestreut. Ein paar Planks hier, ein paar Kniebeugen dort, vielleicht einige Schulterrotatoren Kräftigungen mit dem Thera-Band oder sogar Balance Einheiten auf dem Bosu Ball. Je weiter fortgeschritten die Saison, desto mehr übernehmen das Kilometersammeln und schließlich Bewerbe die Oberhand. Das Stabi Training rückt in den Hintergrund.

Aber macht es wirklich Sinn, diese ‚Stabilisationsübungen’ nur als gelegentliche Unterhaltung beizubehalten? Tragen wir ein paar Schichten ab und stellen uns die Halswirbelsäule, zu einem großen Teil umgeben vom Trapezmuskel und dem Sternocleidomastoideus auf der Langdistanz am Rad vor. 180 km. Für den Großteil der Athletinnen und Athleten bedeutet dies eine Belastungszeit zwischen fünf und sieben Stunden. Einige tragen einen Aero Helm, der die Beweglichkeit der Halswirbelsäule, neben der Aero Position, weiter einschränkt.
Sehen wir uns die Schultern und Arme dazu an, den Delta Muskel sowie unseren Bi- und Trizeps, die uns allesamt Stabilität über diese lange Distanz gewähren sollen. Ein 30 Sekunden Plank, der halbherzig mit durchhängender Wirbelsäule ausgeführt wird, und viele Athletinnen und Athleten die Bauchmuskulatur währenddessen dazu nicht ansteuern können, hält den Herausforderungen über 180 km nicht Stand. Wie soll unsere Wirbelsäule gestützt und geschützt werden oder sogar den Aero Helm für seine volle Wirkung in Position halten, wenn ein korrekt ausgerichteter Plank nicht möglich ist?
Zurück zu unseren Schultern. Nach hoher Intensität über 750 m oder nach längeren Strecken sind unsere Delta Muskeln und unsere Schulterblätter müde. Oft sehen wir, wie sich Athletinnen und Athleten mit voller Wucht durch das Wasser kämpfen, ihre Arme nach vorne und wieder zurückreißen. Über Wasser findet keine Erholung sondern erneut Anspannung statt. Die Muskeln der Schulterrotatoren und der Schulterblattfixatoren sind in vielen Fällen schwach oder können erst gar nicht eingesetzt werden. Das führt dazu, dass unser Oberarmkopf nicht zentriert in der Pfanne liegt und Mikrotraumen im Gelenk entstehen. Zug um Zug. Nun erwarten wir aber von diesen Muskeln, uns zusätzlich am Rad in Position zu halten.
Wir verlangen weiter, dass die wohl dominanteste Bewegung im Triathlon, die Hüftbeuge, oder HINGE im Englischen, geschmiert läuft. Tritt für Tritt und Schritt für Schritt. Vielleicht hat so manch einer schon vom Oberschenkelbindenspanner (tensor fasciae latae – TFL) gehört. Klein, aber äußerst kräftig unterstützt er die Hüftbeuge. Neben diesem Hochleistungsmuskel gehören auch ein stabiles Becken und eine stabile Wirbelsäule zur repetitiven Hüftbeuge. ‚Rund laufen’ ist außerdem eine koordinativ höchst anspruchsvolle Rotation zwischen Becken und Brustkorb, sowohl am Rad als auch beim Laufen.

Wie werde ich beim Laufen schneller? Neben Verletzungsprävention geht es uns allen selbstverständlich um Performance Boost! Daher ist die ‚Wie werde ich schneller Frage’ nicht nur legitim, sondern auch die wohl meist gestellte. Nun, der größte Muskel im Körper ist unser Gesäßmuskel, der Gluteus maximus. Nach einem römischen Imperator klingend sollten wir ihn entsprechend kaiserlich behandeln und trainieren. Wie? Squats. Dazu ist es jedoch notwendig, den Gluteus erstmal getrennt von der hinteren Oberschenkelmuskulatur ansteuern zu können.
Anhand der Beispiele sehen wir, dass Triathlon den vollen Umfang aller sieben Bewegungsformen in hoher Intensität oder über eine sehr lange Distanz abdeckt: PULL – PUSH – LUNGE – HINGE – SQUAT – ROTATION – GAIT. Wir wissen auch, dass die Säulen der Performance das Herz-Kreislauf-System, unserer Hormone, der Stoffwechsel und das neuro-muskuläre-System sind. Die neue Saison mit wunderschönen Zielen für das Jahr 2020 steht in den Startlöchern. Es ist Zeit, uns diesmal auch unserem neuro-muskulären System in ausreichendem Maße zu widmen und damit Athletiktraining als vollwertige Triathlon Disziplin in unseren Plan zu integrieren. Ebenso strukturiert und individuell, wie jede Schwimm-, Rad- und Laufeinheit. Schulterstabilisation- und Kräftigung, Hüftbeuge- und Rotationsübungen, wie Deadlifts und Birddogs sind nicht Kür, sondern Pflicht in jedem Trainingsplan. Schneller laufen werden wir unter anderem über richtige Squats. Unsere Muskeln können dann ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten, wenn unsere Gelenke in der richtigen Position stehen. All das ist erlern- und trainierbar, schützt uns und führt zu einem echten Leistungs-Kick.
Sowie leistungsdiagnostische Standortbestimmungen zu Beginn jeder Saison auf dem Programm stehen, gibt es auch für das Athletiktraining Assessments. Diese sind die unumgängliche Basis für individuelles Athletiktraining. Die Saison wird entsprechend der Entwicklung des neuro-muskulären Systems in fünf Stufen aufgebaut und in den Trainingsplan verpackt.
Anbei ein Leitfaden:
1) Anatomische Anpassung (1,5 bis 2,5 Monate)
2) Hypertrophy (1,5 bis 2,5 Monate)
3) Maximalkraft (2 bis 3 Monate)
4) Transfer zur Sportart (1,5 bis 3 Monate)
5) Wettkampf Fokus bzw. Erhalt (1 bis 2 Monate)
Wie oft soll Athletiktraining in der Woche eingeplant werden? OFT.
Hier ein weiterer Leitfaden:
1) Anatomische Anpassung: 3-5x pro Woche / 2-3 Sets / 8-15 WH
2) Hypertrophy: 3-5x pro Woche / 3-4 Sets / 8-12 WH
3) Maximalkraft: 2-3x pro Woche / 3-6 Sets / 2-5 WH
4) Transfer zur Sportart: 2-3x pro Woche / 2-3 Sets / 3-8 WH
5) Wettkampf Fokus bzw. Erhalt: 1-2x pro Woche / 2 Sets / 5-12 WH

Ein Anstoß für neue Reize. Eine Idee für mehr ‚Spice’ im Training. Die neue Saison kann beginnen!
Katharina Steppan, CEO & Coach | Athletik & Ausdauer Trainerin
Ultimate Sportclub Austria
www.usca.at